Die Geschichte von Jasmijn verdeutlicht, dass in der Gesellschaft noch viel geschehen muss, um für alle Menschen - mit den verschiedensten Bedürfnissen - einen Raum zu schaffen, in dem sie so sein können wie sie sind.
Jasmijn Vink ist ein ruhiges Mädchen. Während ihre Mitschüler*innen in der Aula sitzen und quatschen, sitzt sie in der Pause lieber in einem ruhigen Flur und liest ein Buch. In ihrem Leben braucht sie eine klare Struktur, Vertrautheit und Ruhe, sonst sind es für sie schnell zu viele Sinneseindrücke. Als ruhiger Mensch in der lauten Welt gerät sie in die Diskrepanz zwischen den gesellschaftlichen Erwartungen und dem, was sich für sie gut anfühlt. Deshalb versucht Jasmijn sich ihre eigenen Freiräume zu schaffen und fühlt sich nur richtig wohl, wenn sie mit ihrem Hund Senta zusammen ist. In ihren Gedanken gibt es aber auch die "Normale Jasmijn", die sich problemlos in der lauten Welt mit ihren Mitmenschen zurecht findet und behaupten kann. Und manchmal sind Jasmijn und die "Normale Jasmijn" auch vereint.
Der Autorin Judith Visser gelingt mit ihrem autobiografischen Roman den*die Leser*in in die Gedanken- und Gefühlswelt eines Mädchens mit dem Asperger Syndrom mitzunehmen. Es wird vor allem deutlich, wie schwierig das Leben sein kann, wenn man von der Norm der Gesellschaft abweicht. Der Roman beschreibt viele kurze Alltagssituationen und begleitet Jasmijns Entwicklung von der Vorschule bis zu den ersten Erfahrungen im Berufsleben. Durch die Ich-Perspektive kann man als Leser*in alle Freuden und Leiden von Jasmijn mitempfinden.
Mir hat der Roman "Mein Leben als Sonntagskind" sehr gut gefallen. Auf den 600 Seiten wurde es nie langweilig und ich konnte schnell in die Welt von Jasmijn eintauchen. Als selbst sehr ruhiger Mensch habe ich mich in vielen Gedanken und Gefühlen wiedererkannt.
"Was erwarten die Leute eigentlich? Dass man plötzlich zur Quasselstrippe wurde, wenn sie sagten, man rede wenig? Mit solchen dämlichen Bemerkungen erreichten sie genau das Gegenteil." (S. 407)
Die Geschichte von Jasmijn verdeutlicht, dass in der Gesellschaft noch viel geschehen muss, um für alle Menschen - mit den verschiedensten Bedürfnissen - einen Raum zu schaffen, in dem sie so sein können wie sie sind und sich dabei wohl fühlen können. Der Roman regt dazu an, über ein verständnisvolles und harmonisches Miteinander nachzudenken - ein sehr wichtiges Thema!
Eine Rezension von @mutsammlerin über den Roman "Mein Leben als Sonntagskind" von Judith Visser erschienen im HarperCollins Verlag 2019.
Ich bin 23 Jahre alt und Studentin. Ich interessiere mich für das Thema psychische Krankheiten und Gesundheit, weil ich selbst eine Angststörung habe. Es ist mir eine Herzensangelegenheit darüber zu sprechen, damit das Thema in der Gesellschaft präsenter wird und um der Stigmatisierung entgegenzuwirken.