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Suizidalität und Prävention

Mehr als 10.000 Menschen beenden in Deutschland ihr Leben durch einen Suizid. Hinzu kommen 100.000 Suizidversuche. Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen haben ein 25- bis 30-fach erhöhtes Suizidrisiko bei Vorliegen einer schweren Depression ist das Risiko sogar 40- bis 50-fach erhöht. Die allermeisten dieser Menschen haben Angehörige – viele von ihnen wohnen mit den Betroffenen in einem gemeinsamen Haushalt. Die Belastungen für die Angehörigen, die mit einem angedrohten oder nicht vollendeten Selbstmord konfrontiert sind, sind immens. Gleichzeitig sind sie von enormer Bedeutung, wenn es um die Betreuung und Fürsorge psychisch erkrankter Menschen geht. Nicht wenige von ihnen gehen dabei über ihre eigenen Grenzen und leben mit einem erhöhten Risiko zu erkranken oder selbst suizidal zu werden. Der BApK möchte Angehörige ermutigen, sich in schwierigen Situationen Hilfe zu holen. Die folgenden Angebote können hilfreich sein.

Wenn es schnell gehen muss

112Feuerwehr & Rettungsdienst – europaweit kostenfrei erreichbar (auch vom Mobiltelefon, selbst ohne Mobilfunknetz).

116 117: Der ärztliche Notdienst – bei nicht lebensbedrohlichen Situationen.

110: Die Polizei – bei Unfällen, Bränden oder in akuten, lebensbedrohlichen Notlagen.

 

Notfallbehandlung in akuten Krisen: Alle Kliniken für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie.

Sorgen teilen - über Krisen sprechen

Reden ist immer eine gute Idee. Auch wenn es scheinbar niemanden gibt, der die eigene Situation versteht. Einen Versuch ist es immer wert. Es gibt verschiedene Angebote, die dazu einladen Kontakt aufzunehmen: am Telefon, im Chat oder per Mail. Hier sind einige davon.

Für Angehörige

SeeleFon: Information und Hilfe durch Telefon- und Email-BeratungSind Sie angehörige Person eines psychisch erkrankten Menschen und wissen im Moment nicht, was Sie noch für die Betroffenen tun können?  Dann kann das SeeleFon des BApK Ihnen eine Hilfe sein. Denn Personen aus der psychiatrischen Selbsthilfe, die selber Angehörige sind, können aus eigener Erfahrung nicht nur viele nützliche Hilfestellungen geben – sie wissen auch, wie wichtig Mitgefühl und Menschen, die verständnisvoll zuhören, sind.
Das Angebot kann anonym in Anspruch genommen werden und die Beratenden behandeln alle Informationen selbstverständlich absolut vertraulich.
Sie erreichen das SeeleFon unter der Rufnummer 0228 71002424 in der Zeit von:
Montag bis Donnerstag von 10:00 bis 12:00 Uhr und 14:00 bis 20:00 Uhr
Freitagvon 10:00 bis 12.00 Uhr und 14:00 bis 18:00 Uhr

(Es fallen die Ihrem Telefonvertrag entsprechenden Gebühren für ein Gespräch ins deutsche Festnetz an.)
[Link zum SeeleFon].

Für junge Angehörige

PEER4U - DU BIST IMMER FÜR ANDERE DA? ABER NIEMAND FÜR DICH?
Wenn in der Familie, im Freundeskreis oder in der Partnerschaft ein Mensch psychische Probleme hat, kann das schnell auch selbst belasten. Vor allem dann, wenn du versuchst, für diese Menschen da zu sein. Unser Peer-Team ist für dich da, wenn du über deine eigenen belastenden Gefühle sprechen möchtest.
[www.peer-for-you.de]

Für alle

TelefonSeelsorge® Deutschland
08001110111 - TelefonSeelsorge® Deutschland | Sorgen kann man teilen. 0800/1110111 · 0800/1110222 · 116123. Ihr Anruf ist kostenfrei.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Telefonseelsorge hören zu, ermutigen und stehen in schweren, traurigen oder entmutigenden Krisen für Gespräche bereit.
[Zur Telefonseelsorge]

Für Jugendliche und junge Erwachsene

[U25] Mailberatung und Hilfe für Jugendliche mit Suizidgedanken
[U25] Online-Suizidpräventionsberatung heißt, Jugendliche helfen Jugendlichen mit Suizidgedanken und in Krisen durch digitale Kommunikation per Mail. Ziel ist es, so viele junge Menschen wie möglich durch ihre (suizidalen) Krisen zu begleiten und so lange es nötig ist für sie da zu sein.  [U25] ist ein niedrigschwelliges Beratungsangebot, das es ermöglicht, vielleicht erstmals über die Gedanken zu sprechen, sie zu ordnen und vielleicht schon Lösungen zu entwickeln.
https.//www.u25-deutschland.de

Literatur zum Thema Suizid

Für Angehörige

Michael Eink, Horst Haltenhof: Beziehungsgestaltung mit suizidgefährdeten Menschen. Psychiatrie Verlag, 2022. ISBN: 978-3-96605-192-7.

DIE ARCHE Suizidprävention und Hilfe in Lebenskrisen e.V. (Hg.): Über Suizidalität sprechen. Erfahrungen aus der Angehörigenberatung. Psychiatrie Verlag, 2025. ISBN: 978-3-86739-374-4.

Für Kinder

Chris Paul, Suse Schweizer (Illustr.): Gelbe Blumen für Papa. Mit Kindern über Suizid sprechen. Psychiatrie Verlag, 2021. ISBN: 978-3-86739-223-5.

Anna Sophia Backhaus, Rosa Linke (Illustr.): Molly und das große Nichts. Ein Bilderbuch über Leben- und Nicht-leben-Wollen. Psychiatrie Verlag 2018. ISBN: 978-3-86739-126-9.

Ein Film zur Suizidprävention

(buchbar für Veranstaltungen)

Andrea Rothenburg: Nicht mehr nicht mehr leben wollen.
https://psychiatriefilme.de/i/nicht-mehr-nicht-mehr-leben-wollen

Bundesweite Selbsthilfegruppen für Angehörige zum Thema Suizid

SelbsthilfeNetz Psychiatrie im BApK

von Angsterkrankungen bis Zwangsstörungen, von Aachen bis Zwickau: Psychische Erkrankungen können jeden treffen. Überall.
Selbsthilfegruppen bieten erlebtes Erfahrungswissen, die Möglichkeit zum Austausch und zur Unterstützung in herausfordernden Situationen: niederschwellig und empathisch
Im SelbsthilfeNetz des BApK können Angehörige gezielt nach Gruppen zum Thema Suizid suchen.
Suche Selbsthilfegruppen Deutschland (Text): Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e.V.

Weitere Selbsthilfegruppen, Beratung, Veranstaltungen und Online-Angebote finden Sie bei AGUS
https://www.agus-selbsthilfe.de/

Warnsignale erkennen

Manche Menschen sprechen offen über ihre Suizidgedanken. Andere verbergen ihre Absichten oder spielen die Situation herunter. Dieses Verhalten wird nahestehende Personen sehr verunsichern. Es gibt keine eindeutigen Hinweise, die eine Selbstmordabsicht eindeutig nachweisen. Wenn Sie jedoch mehrerer der nachfolgenden Verhaltensweisen bemerken, sollten Sie dringend das Gespräch suchen.

  1. Wiederkehrende Äußerungen über die Aussichtslosigkeit der Situation. „Daran wird sich nie etwas ändern.“
  2. Wiederkehrende Äußerungen über nicht weiter erträgliche seelische oder körperliche Schmerzen. „Ich halte das nicht mehr aus.“
  3. Wiederkehrende Äußerungen darüber, dass keine Hilfe von außen möglich ist. „Mir kann sowieso niemand helfen.“
  4. Wiederkehrende Äußerungen darüber, dass die betroffene Person nur eine Belastung darstellt. „Ohne mich wärt ihr besser dran.“
  5. Wiederkehrende Äußerungen, die auf eine geringe Selbstachtung schließen lassen. „Ich bin zu gar nichts nütze und ihr werdet es gar nicht merken, wenn ich mal nicht mehr da bin.“
  6. Wiederkehrende Äußerungen, die von Schuldgefühlen geprägt sind. „Es tut mir leid, dass ich so eine Belastung bin.“
  7. Wiederkehrende Äußerungen darüber, dass die Gesellschaft anderer Menschen nur eine Last ist. „Am liebsten möchte ich niemanden sehen und mit keinem sprechen.“
  8. Die betroffene Person geht nur noch äußerst spät oder gar nicht mehr zu Bett.
  9. Die betroffene Person fängt an enorm viel zu essen oder stellt die Nahrungsaufnahme fast völlig ein.
  10. Die Körperpflege wird vernachlässigt oder es entwickelt sich eine Fixierung auf die Hygiene.
  11. Die betroffene Person zeigt ein ungewohnt riskantes Verhalten, wie vermehrten Konsum von Suchtmitteln oder eine überaus riskante Fahrweise.
  12. Die betroffene Person zeigt ein gesteigertes Interesse am Tod, informiert sich über Formen der Sterbehilfe, verfasst ein Testament, verschenkt persönliche Gegenstände und verabschiedet sich durch Besuche oder Anrufe.

Wenn eine betroffene Person, die über einen längeren Zeitraum viele der oben genannten Verhaltensweisen zeigt, plötzlich heiter und ausgeglichen erscheint, kann es sein, dass der Plan zur Selbsttötung konkrete Formen angenommen hat!

Ich befürchte, mein Angehöriger hat Suizidgedanken. Was kann ich tun?

Wenn ein naher Mensch über eine Selbsttötung spricht, löst es bei allen die ihn kennen und lieben in der Regel große Ängste aus. Die quälende Frage, ob und wie man den Suizid verhindern kann, überschattet das Zusammenleben und stellt Angehörige unter einen enormen Druck. Deshalb ist es wichtig zu wissen: Sie sind nicht verantwortlich. Und auch Ihre Kräfte werden begrenzt sein. Daher suchen Sie sich möglichst bald Unterstützung. Achten Sie auf sich. Und wenn es für Sie nicht mehr aushaltbar ist, können Sie auch gehen.

Wenn Sie sich entscheiden einen suizidgefährdeten Menschen zu begleiten, können die folgenden Hinweise für Sie hilfreich sein:

  1. Informieren Sie sich möglichst bald über Möglichkeiten professioneller Unterstützung und Hilfeangebote. Für die betroffene Person – aber auch und vor allem für sich selbst.
  2. Suchen Sie das Gespräch und bereiten Sie sich möglichst gut darauf vor.
  3. Warten Sie einen ruhigen Moment ab, wählen Sie einen für alle Beteiligten angenehmen Ort und planen Sie genügend Zeit ein.
  4. Lassen Sie sich nicht frustrieren, wenn der Betroffene das Gesprächsangebot zunächst ablehnt und geben Sie ihm Zeit.
  5. Führen Sie das Gespräch auf Augenhöhe.
  6. Sprechen Sie das Thema behutsam an.
  7. Signalisieren Sie ernsthaftes Interesse und Verständnis. Vermeiden Sie gute Ratschläge.
  8. Versuchen Sie der betroffenen Person die Angst zu nehmen, als „verrückt“ betrachtet zu werden.
  9. Bewahren Sie Ruhe, falls sich Ihre Befürchtungen bestätigen. Aber erzählen Sie auch von Ihren Befürchtungen und Ängsten.
  10. Machen Sie Angebote (siehe Punkt 1), aber drängen Sie nicht zu sehr.
  11. Versprechen Sie auf keinen Fall, mit niemanden über das Thema zu reden.
  12. Definieren Sie wenn möglich einen Zeitraum, während dem die gefährdete Person verspricht, keinen Suizid zu verüben. Es ist auch möglich gemeinsam einen Sicherheitsplan zu erarbeiten, an den sich der Betroffene in einer akuten Krise halten kann (eine Vorlage zum Download finden Sie hier 11271_Sicherheitsplan PDF Formular.indd).

Die Zwangseinweisung

Viele Betroffene haben Angst, man könnte sie gegen ihren Willen zwangseinweisen, sobald sie von ihren Suizidgedanken erzählen. Die Zwangseinweisung in eine geschlossene psychiatrische Einrichtung ist ein schwerwiegender Eingriff in die Persönlichkeitsrechte eines Menschen. Es gelten daher sehr strenge Vorschriften:
- das Vorliegen einer psychischen Erkrankung oder Störung, durch die eine erhebliche Selbst- oder Fremdgefährdung besteht,
- die Gefährdung kann nicht anders abgewendet werden ,
- die Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung erforderlich ist, und
- die Zustimmung des Betroffenen fehlt.

Die Erfüllung dieser Voraussetzungen muss durch ein fachärztliches Attest bestätigt werden. Bei einer akuten Selbst- oder Fremdgefährdung kann auch die Polizei eingreifen, bis eine fachärztliche Begutachtung erfolgt.

Vor einer Zwangseinweisung muss die zuständige Betreuungsbehörde oder ein Gericht die Unterbringung anordnen. Der Antrag auf Zwangseinweisung kann von verschiedenen Personen gestellt werden, z.B. von Familienmitgliedern, Ärzten oder der Polizei.

Mehr zum Thema Suizidprävention

Die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention (DGS) ist ein Netzwerk aus mehr als 90 Institutionen, Organisationen und Verbänden mit dem Ziel, die Suizidprävention in Deutschland in verschiedensten Bereichen voranzubringen.
https://www.suizidprophylaxe.de/